Zufrieden ist Prof. Radermacher mit der aktuellen Klimapolitik nicht, wie man in seinem Interview mit dem ISOCELLER nachlesen kann. „Wir beobachten ein „Panikkonzert“, bei dem mit inadäquaten Methoden versucht wird, ein 50 Jahre altes Problem zu lösen“, stellt er klar. Der Grund dafür sei, dass das Klima genau wie die Ukraine oder die Pandemie instrumentalisiert wird, um Wählerstimmen zu bekommen, aber keine Lösung auf Probleme folgt.
Deutschland und Österreich seien zu klein um auf nationaler Ebene etwas bewirken zu können. Das Geld für den Klimaschutz soll allerdings im Land gehalten werden, was dazu führt, dass Maßnahmen gegen den Klimawandel viel Geld kosten und letztendlich keine ausschlaggebende Wirkung zeigen. Dazu sei der Bevölkerungswachstum in Asien und Afrika zu groß und „all diese Menschen wollen leben, brauchen Strom, Lebensmittel und Wasser.“
Einmal mehr appelliert Prof. Radermacher an die Verantwortlichen, internationale Lösungswege zu finden, „Carbon Capture“ zur Speicherung und Verwendung von CO2 und E-Fuel, also synthetische Kraftstoffe aus Wasser und Kohlenstoffdioxid, zu nutzen. Was sich genau unter den Begriffen versteht, wird im Magazin ISOCELLER erläutert.
Hier können Sie auf Seite 18 das gesamte Interview nachlesen.
“We appeal as human beings to human beings: Remember your humanity, and forget the rest.”
Mit diesen bewegenden Worten richteten sich der gebürtige Ulmer Albert Einstein, Bertrand Russel und neun weitere angesehene Wissenschaftler und Intellektuelle am 9. Juli 1955 an die Menschheit. Die berühmte Resolution, die später als Russell-Einstein-Manifest bekannt wurde, hat auch 65 Jahre später nicht an Aktualität verloren: Massenvernichtungs- und Kriegswaffen bedrohen die Menschheit noch immer – Die Krisen, mit denen wir uns heute konfrontiert sehen, haben sich jedoch in Anzahl, Intensität, Komplexität und Auswirkungen exponentiell vervielfacht. Infektionskrankheiten, Hunger und Armut, Ungleichheit, die Rückkehr zum Nationalismus und über all dem schwebend, die Bedrohung durch den Klimawandel, bestimmen unsere Zeit stärker als jemals zuvor.
Die Dringlichkeit, mit der sich der Appell an das menschliche Gewissen und die universellen Werte richtet, spiegelt umso mehr die Bedürfnisse unserer Zeit wider. Die Herausforderungen mögen heute größer sein denn je, doch auch unser kollektives Wissen und unsere Fähigkeit global zu agieren hat in den letzten 65 Jahren zugenommen. Mit der Stimme der Wissenschaft, einer Jugend, die für Ihre Zukunft auf die Straßen zieht, den globalen Forderungen nach Menschenrechten und unserer menschlichen Kreativität sind wir heute mehr denn je aufgefordert, mit Entschlossenheit voranzuschreiten. Dazu gehört auch, Gewohnheiten, Lehren und Strategien, die uns hierher gebracht haben zu überdenken und zu ersetzen, um neue Wege einschlagen zu können.
Das Russel-Einsteins-Manifest hat seit 1955 die Arbeit vieler Institutionen inspiriert, sich für eine bessere gemeinsame Zukunft einzusetzen. Es führte zudem direkt zur Gründung der Pugwash-Bewegung, deren Beitrag zum 65-jährigen Jubiläum Sie hier nachlesen können. Auch wir, aus der Geburtsstadt Einsteins, wollen dies zum Anlass nehmen und an diesen hochaktuellen Appell erinnern.
Das neue Buch von Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller
Wir wissen was zu tun ist, um dem Hunger, der mangelnden Gesundheitsversorgung und dem Klimawandel weltweit entgegenzutreten. Theoretisch. Aber Wissen allein genügt nicht, wir müssen die Augen öffnen und unsere Verantwortung erkennen.
In seinem neusten Buch ruft Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller zum beherzten Umdenken in einer globalisierten Welt auf, in der ein neuer Europa-Afrika-Pakt und ein neues globales Verantwortungsgefühl die Welt ein Stück friedlicher, gerechter und zukunftsfähig für kommende Generationen gestalten könnte. Ein Buch, das die Augen öffnet, ohne zu moralisieren, das aber an unsere Verantwortung in einer zusammengewachsenen Welt erinnert.
„Gerd Müller eröffnet dafür einzigartige Einblicke in die tatsächlichen Gegebenheiten an zahlreichen kritischen Brennpunkten des Weltgeschehens. In seiner Verantwortung für die internationale Entwicklungszusammenarbeit eines global so exponierten Landes wie Deutschland sind ihm die tatsächlichen Verhältnisse überall auf der Welt wie kaum einem anderen deutschen Politiker aus persönlicher Anschauung vertraut. Fast alle Entwicklungs- und Schwellenländer hat er besucht, in Afrika und rund um die Welt. Er war in allen Krisengebieten des letzten Jahrzehnts. Er hat alle Hot Spots für die Verwerfungen besucht, die aus Bürgerkriegen, Hungersnöten, Terror, Klimawandel, Vertreibung, organisierter Kriminalität, Missbrauch von Menschen, insbesondere von Frauen und Kindern, resultieren.
Gerd Müller hat sehr viel in sich aufgenommen und lässt den Leser in seinem neuen Buch teilhaben an einer Reise in eine Welt, in der Schönheit und Grauen nah beieinander liegen.“– Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Franz Josef Radermacher
Der Unterstützer der Allianz für Entwicklung und Klima, die carbonauten GmbH, entwickelt Spritzgussgranulat unter Verwendung von CO2
Die Nutzung von Biokohlenstoffen zur aktiven Reduzierung von Klimagasen steht im Mittelpunkt der Arbeit der carbonauten GmbH. Seit der Gründung des Start-Ups im Jahr 2017 entwickelt dieses neuartige und nachhaltige Produkte aus Biokohlenstoffen. Diese entstehen durch Verkohlung von Biomasse (Pyrolyse). Laut den carbonauten wurde im Dezember 2019 im Rahmen der „carbonauten OCM Organic Carbon Materials“ eine konventionell spritzgegossene Schale aus Biokohlenstoff vorgestellt: „Diese zum Patent angemeldete Materialfamilie kann zukünftig viele mineralölbasierte Kunststoffe und Baumaterialien ersetzen. Nach Gebrauch werden die Produkte aus carbonauten OCM entweder recycelt oder zerkleinert im Boden eingebracht“. Die Einbringung von Pflanzenkohle in den Boden gleicht einem CO2-speichernden Superdünger. Studien über die durch menschliche Aktivitäten entstandene „Terra Preta“ in Südamerika belegen dies. Pflanzenkohle spielt somit eine herausragende Rolle in der Bekämpfung des Klimawandels, weil Negativ-Emissionen entstehen. Pflanzen nehmen CO2 während des Wachstums aus der Atmosphäre auf und wandeln es in Biomasse um. Aus überschüssiger Biomasse (z. B. Pflanzenreste, Schalen von Kakaobohnen oder Kokosnüssen) wird diese über Pyrolyse zu Pflanzenkohle verarbeitet und in den Boden eingebracht. CO2 wird im Boden versteckt.
Außerdem wird der Boden fruchtbarer, weil Mikroorganismen mithilfe von Biokohle besser Humus aufbauen können. Pflanzenkohle kann auf degradierten Böden so dazu beitragen, dass diese wieder besser bewirtschaftet werden können, was vor allem in Nicht-Industrieländern eine große Chance für die Förderung von nachhaltiger Entwicklung darstellt.
Aktuell realisieren die carbonauten gemeinsam mit einem deutschen Automobilhersteller einen Test, bei dem der Kunststoff Polypropylen PP zu 30% durch die Biokohlenstoffe der carbonauten ersetzt wird. Die Auswirkungen auf den Klimawandel des Produktes (Treibhauspotential, Greenhouse Warming Potential, GWP), das mit dem GWP-Wert ausgedrückt werden kann, liegt bei herkömmlichem Polypropylen PP bei 2,67 kg CO2-Äquivalent je Kilogramm PP. Mit 30% Biokohlenstoff sinkt dieser Wert um über 3 kg CO2 auf -0,47 kg CO2!
Weitere positive Nebeneffekte sind die natürliche Schwarzfärbung, die den sonst üblichen Industrieruß überflüssig macht, sowie die erneuerbare Wärmeenergie, die bei der Herstellung der Biokohlenstoffe 24/7 in signifikanten Größen erzeugt wird.
Über die carbonauten GmbH
Die carbonauten GmbH wurde im August 2017 von Torsten Becker und Christoph Hiemer in Giengen an der Brenz gegründet. Ziel ist die aktive Reduzierung und dauerhafte Speicherung von Klimagasen. Dazu werden holzige Biomassereste pyrolytisch zu Biokohlenstoffen karbonisiert und der dabei entstehende Überschuss an erneuerbarer Energie als Strom oder Wärme genutzt. Aus den Biokohlenstoffen entstehen Produkte für die Forst- und Landwirtschaft, Lebensmittel-, Verpackungs-, Technische- und Baustoffindustrie sowie Architektur und Design. Dazu sollen in den nächsten Jahren weltweit dutzende dezentrale, hocheffiziente Standorte realisiert werden, an denen potentiell hunderttausende Tonnen spezifizierter Biokohlenstoffe hergestellt werden können.
Die Frage nach den Grenzen des Wachstums, wie sie bereits 1972 vom „Club of Rome“ gestellt wurde, ist heute noch hochaktuell. Bei den Hochschultagen Ökosoziale Marktwirtschaft und Nachhaltigkeit am Freitag, den 24. Mai, zog der berühmte US-Ökonom Professor Dennis Meadows noch einmal Bilanz. Meadows leitete damals das Forscherteam, das die weltberühmte „Club of Rome“-Studie herausbrachte, und präsentierte in seinem Vortrag aktuelle Szenarien zum heutigen Stand der Weltressourcenfrage. An der Veranstaltung in der Universität Ulm nahmen etwa 350 Studierende und interessierte Besucher teil. Die Folien des Vortrags zum Download finden Sie bitte hier.
Professor Franz Josef Radermacher, Vorstand des FAW/n und Mitglied des Club of Rome, führte in die hoch aktuelle Thematik ein und Universitätspräsident Professor Michael Weber hielt ein Grußwort. Die Moderation wurde von Tobias Orthen übernommen.
Die von Meadows beschriebenen Szenarien reichen von einer nachhaltigen Welt bis zum Kollaps. Wo stehen wir im Jahr 2019?
Die Welt bewegt sich aktuell im sogenannten „Standard Scenario“ des Berichts von 1972 – die Weltbevölkerung wächst also weiter, der Ressourcenverbrauch steigt und wir bewegen uns in Richtung eines ökologischen Kollapses. Deutliche „Symptome“ reichen von Klimawandel und Wasserknappheit bis zum Biodiversitätsverlust. Laut Meadows hat die Menschheit nun zwei Möglichkeiten: Entweder wir steuern unsere Zivilisation in Richtung Nachhaltigkeit, oder die genannten Symptome werden das Wachstum stoppen.
Doch wie weit ist die Welt, wie wir sie kennen, insgesamt vom Kollaps entfernt? In seinem Vortrag „Evaluating the Limits to Growth: Projections after 45 Years“ wird Professor Meadows sein Publikum nicht schonen.
Die Hochschultage Ökosoziale Marktwirtschaft und Nachhaltigkeit werden seit 2010 vom Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung/n (FAW/n), der Universität Ulm und weiteren Unterstützern, darunter der Club of Rome Deutschland und die Global Marshall Plan Initiative, im deutschsprachigen Raum organisiert.
Deutscher Kulturpreis 2019 für Dennis L. Meadows
Passend zum Anlass wurde Dennis L. Meadows bereits am Vormittag der Deutsche Kulturpreis 2019 in der Allerheiligen-Hofkirche der Residenz München verliehen. Schirmherr des Festaktes war Ministerpräsident Dr. Markus Söder. Die Laudatio hielt Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Franz Josef Radermacher, Mitglied des Club of Rome.
Die Reden von Prof. Radermacher und Dennis L. Meadows können Sie unter folgenden Links abrufen:
Dankesrede von Dennis L. Meadows (PDF) aus dem Englischen übersetzt von Udo E. Simonis, Professor Emeritus für Umweltpolitik am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB), veröffentlicht in der Zeitschrift UNIVERSITAS 11/19
„Der aktuelle Bericht des Weltklimarates spricht eine deutliche Sprache: Der Klimawandel wird immer mehr zur Überlebensfrage der Menschheit. Handeln wir jetzt nicht entschlossen, werden Millionen Menschen gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Um den Klimawandel zu bremsen und Schäden abzufedern, hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr 3,65 Milliarden Euro bereitgestellt. Gut drei Milliarden Euro davon hat allein das Bundesentwicklungsministerium zur Verfügung gestellt, um Klimaschutz- und Anpassungsprojekte in Entwicklungsländern zu ermöglichen.
Aber das ist viel zu wenig. Wir müssten mindestens die 10-fache Summe in die Förderung einer Entwicklung investieren, die klimaneutral ist. Das erfordert die Erzeugung von Negativemissionen in großem Umfang, z.B. durch Aufforstung und eine humusintensive Landwirtschaft in semiariden Zonen, aber auch die Förderung von erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und synthetischen Kraftstoffen in Nicht-Industriestaaten.
Leider werden diese internationalen Ansätze in der deutschen Debatte bisher zu wenig aufgegriffen. Man ist vor allem mit der Situation in Deutschland und mit Aktivitäten vor Ort beschäftigt, obwohl diese alleine das Klimaproblem nicht lösen können. Schon für die angestrebten nationalen Maßnahmen reicht das Geld nicht. Für eine umfangreichere internationale Klimafinanzierung gibt es erst recht keine ausreichenden Mittel. Das alles hindert aber nicht daran, den Bericht des Weltklimarates so zu interpretieren, als würde er den nationalen Fokus ebenfalls ins Zentrum rücken.
Wir freuen uns vor dem beschriebenen Hintergrund, dass Minister Müller und das BMZ in den nächsten Monaten eine Multistakeholder Initiative „Allianz für Entwicklung & Klima“ ins Leben rufen werden, um nicht-staatliche Akteure, vor allem Unternehmen und wohlhabende Privatpersonen, für freiwillige Beiträge zum internationalen Klimaschutz und zur Umsetzung der Agenda 2030 zu gewinnen, dies mittels freiwilliger CO2-Kompensationsmaßnahmen hoher Qualität in Nicht-Industrieländern.
Die Aktivierung nicht-staatlicher Akteure ist in der aktuellen Situation eine der größten Chancen, die wir haben, um das 2°C-Ziel vielleicht doch noch zu erreichen.“
Plant-for-the-Planet, die Global Marshall Plan Initiative, der Senat der Wirtschaft, die Stiftung Verantwortung und viele weitere Akteure verfolgen eine andere Linie. Internationale Aktivitäten, massive Aufforstung, negative Emissionen und die Thematisierung der besonderen Verantwortung der Top-Emitters. Das sind wohlhabende Personen mit ausgeprägtem Lebensstil und vielen hundert Tonnen individueller CO2-Emissionen pro Jahr.
Der vorliegende Text analysiert in der Folge der Weltkonferenz von Kopenhagen wieviel Zeit verbleibt, um das Klimaproblem im Sinne des 2° C Zieles noch ohne Wohlstandsverlust und mit Wachstumsperspektive zu meistern und welche „Joker“ dabei ggf. bereits heute erforderlich sind. Der Text zeigt auf, wie eng die verbleibenden Zeiträume zur Zielerreichung sind. Die hier abgeleitete Aussage ist dabei noch prägnanter, als dies bei Betrachtung der Entwicklung des ökologischen Fußabdrucks (vgl. www.ecologicalfootprint.org) möglich ist. Dieserspricht ebenfalls eine deutliche Sprache. Da er aber die fossilen Energiequellen ausklammert, ist er in seiner Aussage „schwächer“.
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